50 Jahre Tenever – Erfolgsgeschichte eines Stadtumbaus

Vom Bremer Problemquartier zum Familienviertel „OTe“ mit attraktivem und bezahlbarem Wohnraum

Bremen, Osterholz-Tenever 20.06.2022. Rund dreizehn Jahre nach dem Stadtumbau hat die GEWOBA im Ortsteil am östlichen Stadtrand Bremens wieder Neubauten fertiggestellt. Auf der ehemaligen Rückbaufläche an der Otto-Brenner-Allee steht seit dem Herbst 2019 ein dreistöckiges Atriumhaus mit 28 geförderten barrierefreien Wohnungen und einer Kita im Erdgeschoss. Zusätzlich befinden sich dort jetzt sechs „Pezzettino-Häuser“ - kleine Mehrfamilienhäuser, in die Singles, Senioren und große Familien eingezogen sind. Und ein weiterer Baustein mit Wohn- und Gewerbeflächen ist in Arbeit. Neuer Wohnraum ist in dem kinderreichen Quartier stark gefragt. „Die Menschen sind hier verwurzelt und wohnen gerne in ihren intakten Nachbarschaften. Wir sind stolz auf die hohe Nachfrage“, sagt GEWOBA-Geschäftsbereichsleiter Robert Schleisiek.

Kein Bremer Ortsteil hat sich so stark gewandelt wie OTe. Vom Problemviertel der 1980er Jahre entwickelte sich das Quartier nach einem umfassenden Stadtumbau zum lebenswerten Familienviertel. Es gibt beste Anbindung an den ÖPNV, eine Palette von sozialen Projekten, vielfältige Sport- und Freizeitangebote und kulturelle Projekte, die bundesweit Beachtung finden.

Aus ehemaligem Brennpunkt wird Ort wertschätzender Vielfalt

Diese Entwicklung war nicht selbstverständlich. Osterholz-Tenever wurde in den 1970er-Jahren mit mehr als 2.000 Wohnungen als Demonstrativbauvorhaben errichtet. Später galt das Quartier zeitweise als sozialer Brennpunkt in Bremen. In der Hand von Immobilienspekulanten waren einige Gebäude verfallen. Anfang der 2000er Jahre begann der Stadtumbau mit dem Ankauf von Gebäuden über eine Projektgesellschaft, aus dem vernachlässigten Eigentum Dritter. Mit dem Senatsbeschluss für ein integriertes Stadtumbaukonzept folgte ein städtebaulicher Vertrag zur grundlegenden Sanierung.

2002 kam Unterstützung der Bundesregierung: Das Forschungsfeld „Stadtumbau West“ ermöglichte im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (ExWoSt) eine finanzielle Förderung.

Durch Rückbaumaßnahmen und mit dem Abriss von über 900 Wohnungen wurde konsequent die Basis für einen Neuanfang geschaffen. Es galt Angsträume und anonyme Bereiche im Quartier zu beseitigen. Mit offenen Blickachsen, freien Plätzen, Spiel- und Freizeitflächen sowie klaren städtebaulichen Strukturen sollte neues Wohn- und Lebensgefühl entstehen.

Eine städtebauliche und soziale Herausforderung

Im August 2006 übernahm die GEWOBA feierlich die städtischen Anteile an der Projektgesellschaft und damit die gesamte Verantwortung. Eine wichtige Maßnahme war die übersichtliche Erschließung und Wegeführung im Zusammenhang mit neuen großzügigen gläsernen Eingangsbereichen und Concierge-Logen. Alle Wohnhäuser wurden modernisiert, Wärmedämmung für Dächer und Fassaden realisiert, Treppenhäuser überarbeitet, die Wohnungen erhielten moderne Bäder und Küchen. Die Gesamtkosten für die Sanierung lagen bei 75 Millionen Euro - finanziert aus öffentlichen Mitteln des Bundes, des Landes Bremen und der GEWOBA. Diese solide Basis sicherte den Ankauf von Gebäuden, den erforderlichen Rückbau, umfangreiche Modernisierung und ebenso Entlastungen für Mieter, die während der Maßnahmen zum Teil mehrfach umziehen mussten.

Erfolgskonzept mit Bürger:innenbeteiligung und Kultur

Ein Projekt dieser Größenordnung hätte nicht gelingen können ohne Beteiligung und Engagement der Bewohnerschaft. Mit der demokratischen Entscheidungsfindung und der Berücksichtigung von allen sozialen Schichten wurde eine Qualität bei der Anwohner-Beteiligung erreicht, die in dem Quartier zu schnellen Erfolgen und außerhalb zu internationaler Aufmerksamkeit führte. Die sanierten Gebäude und neu gestalteten grünen Freiflächen machten die neuen Qualitäten Tenevers weithin sichtbar. Die Pilotprojekte des Stadtumbaus in Tenever wurden immer von außergewöhnlichen Events verbunden. Dazu gehörten „Feuerfluten“, „Sproutbau“ und andere interkulturelle  und künstlerische Aktionen.

Im März 2007 überraschte die GEWOBA mit „Sach nix gegen OTe“ die Bremer Öffentlichkeit und gab dem Ortsteil einen neuen selbstbewussten Namen, für ein neues Image und ein gelungenes Experiment. Mit überraschenden Motiven und selbstbewussten Sprüchen zeigte die OTe-Kampagne, dass „OTe anders als du denkst“ ist.

Ein Motiv der OTe-Kampagne spielte auf die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen an, die 2007 ihre Probenräume in die Gesamtschule Ost verlegt hat und seither eine bundesweit beachtete Kooperation mit der Schule und dem Quartier eingegangen ist. In unterschiedlichen Bühnenshows, wie der „Melodie des Lebens“ oder der „Stadtteil-Oper“ wirken Schüler:innen und Bewohner:innen nicht nur mit, sondern werden zu Hauptakteur:innen hochklassiger Kulturevents. Seit 2015 sind auch die „Singenden Balkone“ ein fester Bestandteil des OTe-Kulturkalenders und verwandeln jedes Jahr für einen Abend den Platz am OTe-Bad in einen Freiluft-Konzertsaal mit Balkonen, die zu Bühnen werden für die Talente aus OTe und umzu (wie es in Bremen heißt).

Ausgezeichnete Komplexität

Die GEWOBA führte das Stadtumbauvorhaben beharrlich über viele Hürden und erhielt so den „Bauherrenpreis 2008“ vom Deutschen Städtetag. In der Kategorie „Urbanes Wohnen in städtebaulich verdichteten Quartieren“ war die Fach-Jury von der Komplexität und der Gesamtstrategie beeindruckt. Die Kombination aus Abriss, Modernisierung und Verbesserung der sozialen Infrastruktur mit einem kooperativen Ansatz wurde zu einer richtungsweisenden Kombination. „Vollvermietung in OTe!“

Diese Meldung der GEWOBA im Sommer 2011 war eine kleine Sensation und mehr als nur wirtschaftlicher Erfolg. Es rechtfertigte die enormen Kraftanstrengungen der Jahre, mit denen sich Tenever nicht nur baulich stärker verändert hat als alle anderen Stadtteile in Bremen.

Heute bieten die freigewordenen Flächen Raum, um auf zukünftige Entwicklungen des Wohnungsmarktes und Bedarfe der Bewohner einzugehen. So soll auf einer der ehemaligen Abrissflächen in den nächsten Jahren ein Neubau entstehen mit einem Supermarkt und gefördertem barrierefreiem Wohnraum. Es bleibt aber auch weiterhin Platz für die Stadtteiloper, die nach Corona bedingten Zwangspause im Frühjahr 2023 erstmals wieder auf dem „grünen Hügel“ Tenevers erklingen soll.

Klein aber „OTe!“

Zum 50. Geburtstag Tenevers, der am 18. Juni 2022 mit einem bunten Familienfest gefeiert wurde, gab es ganz im Sinne des Quartiers kein großes Bremborium, sondern ein buntes Bühnenprogramm der Vereine und kulturellen Einrichtungen des Quartiers. Für Dr. Christian Jaeger, der seit Anfang Juni neu in Bremen und im Vorstand der GEWOBA ist, eine gern genutzte Gelegenheit, Tenever kennen zu lernen. „Ich habe schon viel Gutes über OTe gehört und gelesen, aber die positive Energie und den Gemeinschaftssinn, die dieses Quartier ausmachen, versteht man erst, wenn man hier vor Ort bei den Menschen ist.“

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